Am 1. Januar 2020 sind Gesetzesänderungen zur Einführung von Aktionärregister für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien teilweise in Kraft getreten. Das Aktionärregister ist ein der polnischen Rechtsordnung bisher unbekanntes Rechtsinstitut, mit dem Aktien der vorgenannten Gesellschaften verpflichtend entmaterialisiert werden. Das Ziel ist, den Handel mit Aktien nicht börsennotierter Gesellschaften sicherer zu machen und die Identifizierung aller Aktionäre zu ermöglichen.
Durch die Ausbreitung von SARS-CoV-2-Virus wurde jedoch die Funktionsfähigkeit der Gesellschaftsorgane einschließlich der Erfüllung ihrer Pflichten im Zusammenhang mit der Einführung des Aktionärregisters erheblich beeinträchtigt. Um Unternehmern die Erfüllung dieser Pflicht zu erleichtern, wurden die gesetzlichen Fristen für die Einführung des Aktionärregisters verlängert, und zwar aufgrund des Gesetzes vom 14. Mai 2000 (Dz. U. vom 15. Mai 2020 Pos. 875) über die Änderung mancher Gesetze wegen Ausbreitung von SARS-CoV-2-Virus („Schutzschild 3.0“), das am 16. Mai 2020 in Kraft getreten ist.
Was sollten Sie wissen?

Das Aktionärregister wird die bisher von den Gesellschaften geführten Aktienbücher ersetzen.
Das Aktionärregister wird von einem externen Fachunternehmen nur elektronisch und einzeln für die jeweilige Gesellschaft geführt.

Entmaterialisierung der Aktien nach dem Gesetz über den Handel mit Finanzinstrumenten als Alternative für das Aktionärregister.
Als Alternative für das Aktionärregister gilt die Entmaterialisierung der Aktien nach dem Gesetz über den Handel mit Finanzinstrumenten. Die Aktien einer und derselben Gesellschaft dürfen jedoch nicht gleichzeitig im Aktionärregister und im Wertpapierdepot geführt werden. Zugleich sind alle Aktien börsennotierter Gesellschaften nach dem Gesetz über den Handel mit Finanzinstrumenten verpflichtend zu entmaterialisieren.

Das Aktionärregister wird für Namens- und Inhaberaktien sowie für Optionsscheine, Gewinnanteilsscheine, Gründungsscheine und sonstige Wertpapiere geführt, die einen Anteil an Erträgen oder an dem aufzuteilenden Vermögen einer Gesellschaft verbriefen.
Durch Einführung des Aktionärregisters wird der Handel mit Aktien nicht börsennotierter Gesellschaften revolutioniert.
Der Aktienerwerb bzw. die Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts daran wird grundsätzlich erst mit der Eintragung ins Aktionärregister erfolgen.

Das Verfahren zur Einführung des Aktionärregisters ist formalisiert:

  • Pflicht zur fünffachen Aufforderung der Aktionäre zur Vorlage der Aktienurkunden,
  • die erste Aufforderung muss bis zum 30. September 2020 erfolgen,
  • Pflicht zum Abschluss eines Vertrages über die Führung des Aktionärregisters.

Das Verfahren zur Einführung des Aktionärregisters ist äußerst formalisiert und sollte zeitlich gut geplant werden. Der Gesetzgeber hat vorgeschrieben, dass Aktionäre fünfmal zur Vorlage der Aktienurkunden aufzufordern sind. Dabei sind Informationen über die Aufforderung auf der Webseite der Gesellschaft zu veröffentlichen. Die Aufforderungen haben auf die bei der Einberufung einer Hauptversammlung geltende Art und Weise in zeitlichen Abständen von max. einem Monat und min. zwei Wochen zu erfolgen.
Nach den Regelungen des Schutzschildes 3.0 wurde der Termin für die erste Aufforderung um drei Monate aufgeschoben. Nun hat die Aufforderung bis zum 30. September 2020 zu erfolgen. Vorher hat die Hauptversammlung einen entsprechenden Rechtsträger (Brokerhaus oder befugte Bank) zu wählen und einen Vertrag über die Führung des Aktionärregisters zu schließen.

Obligatorischer Besitz eigener Webseiten.
Am frühesten, d.h. am 1. Januar 2020 ist die Regelung in Kraft getreten, nach der Gesellschaften ihre eigenen Webseiten für die Veröffentlichung aller gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebenen Bekanntmachungen besitzen müssen. Die Gesellschaften haben die Adresse ihrer Webseite im Unternehmerregister des Nationalen Gerichtsregisters offen zu legen.

Geldstrafen für unterlassene oder nicht ordnungsgemäße Aufforderungen.
Sollten Aktionäre zur Vorlage der Aktienurkunden nicht bzw. nicht ordnungsgemäß aufgefordert werden oder sollte kein Vertrag über die Führung des Aktionärregisters innerhalb der vorgeschrieben Fristen geschlossen werden, können Personen, die zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind, Geldstrafen auferlegt werden.

Änderungen bei der Ausschüttung von Dividenden und bei der Einberufung von Hauptversammlungen.
Mit der Novelle zur Einführung des Aktionärregisters wurden auch die Regelungen über die Ausschüttung von Dividenden geändert und die Grundsätze für die Einberufung von Hauptversammlungen vereinheitlicht. Dividenden sollen nun über den das Aktionärregister führenden Rechtsträger ausgeschüttet werden, es sei denn, die Satzung enthält abweichende Regelungen. Hauptversammlungen sind unabhängig von der Art der ausgegebenen Aktien per Einschreiben oder Kurierdienst, ggf. per E-Mail einzuberufen.

Einführung des Aktionärregisters bis Ende Februar 2021.
Mit den Regelungen des Schutzschildes 3.0 wurde der bisherige Termin, zu dem alle ausgegebenen Aktienurkunden außer Kraft treten, vom 1. Januar 2021 auf den 1. März 2021 aufgeschoben. Bisherige Aktienbücher werden auch an diesem Tag durch Aktionärregister ersetzt. Vom 1. Januar 2026 auf den 1. März 2026 wurde auch der Tag aufgeschoben, bis zu dem Aktienurkunden Beweiskraft haben. Dies gilt allerdings nur für Anteilsrechte der Aktionäre.

Für alle Fragen bezüglich der angesprochenen Punkte stehen Ihnen Rechtsanwälte aus unserem Beratungsteam für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance zur Verfügung.
Anna Wojciechowska Rechtsanwältin, Partner (anna.wojciechowska@wkb.pl)
Anna Fennig Rechtsanwältin (anna.fennig@wkb.pl)