Am 16. August 2023 verabschiedete das polnische Parlament das Gesetz zur Änderung des Gesetzbuchs über die Handelsgesellschaften. Die Novelle sieht unter anderem die Einführung von Bestimmungen über grenzüberschreitende Umwandlungen und grenzüberschreitende Spaltungen von Gesellschaften innerhalb der EU-Mitgliedstaaten in die polnische Rechtsordnung vor. Die Bestimmungen zur Änderung des Handelsgesellschaftsgesetzes werden am 15. September 2023 in Kraft treten.

Mit der Änderung werden die Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen („Richtlinie”) umgesetzt.

RECHTSLAGE VOR DER ÄNDERUNG

Nach dem aktuellen Rechtsstand enthält das polnische Gesetzbuch über die Handelsgesellschaften nur Bestimmungen über grenzüberschreitende Verschmelzungen, aber keine umfassende Regelung für grenzüberschreitende Umstrukturierungen, die Umwandlungen oder Spaltungen umfassen. Darüber hinaus stellen nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25. Oktober 2017 in der Rechtssache Polbud-Wykonawstwo sp. z o.o. in Liquidation (C-106/16) die geltenden Bestimmungen des Gesetzbuchs über die Handelsgesellschaften eine Beschränkung der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerten Niederlassungsfreiheit dar, da sie die Verlegung des Sitzes einer polnischen Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat von der Liquidation dieser Gesellschaft abhängig machen.

NEUE VORSCHRIFTEN ZU GRENZÜBERSCHREITENDEN UMWANDLUNGEN UND SPALTUNGEN

Die Änderung des Gesetzbuchs über die Handelsgesellschaften zur Umsetzung der Richtlinie wird zwei neue Arten von grenzüberschreitenden Transaktionen in die polnische Rechtsordnung einführen: die grenzüberschreitende Umwandlung und die grenzüberschreitende Spaltung von Gesellschaften.

Gemäß den verabschiedeten n Vorschriften soll eine grenzüberschreitende Umwandlung die Umwandlung einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine ausländische Gesellschaft, die dem Recht eines EU-Mitgliedstaates unterliegt, mit gleichzeitiger Verlegung zumindest vom eingetragenen Sitz in diesen Staat unter Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit bedeuten.

Die zulässigen ausländischen Rechtsformen, in die eine polnische Gesellschaft grenzüberschreitend umwandeln kann, sind in Anhang II zur Richtlinie aufgeführt. Am Beispiel Deutschlands kann eine polnische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine deutsche GmbH, AG oder KGaA umgewandelt werden, unter Ausschluss der anderen im deutschen Recht definierten Gesellschaftsformen.

Eine grenzüberschreitende Umwandlung hat zur Folge, dass der Sitz einer polnischen Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat verlegt und ihre Rechtsform in eine ausländische umgewandelt wird, während ihre Rechtspersönlichkeit auf der Grundlage der Unternehmensfortführung erhalten bleibt.

Eine grenzüberschreitende Spaltung besteht dagegen in der Spaltung einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien in zwei oder mehrere Gesellschaften, die dem Recht eines EU-Mitgliedstaates unterliegen, sofern mindestens zwei der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen.

Darüber hinaus gelten die neuen Vorschriften für grenzüberschreitende Spaltungen – nach dem Vorbild der Richtlinie – nur für Fälle von grenzüberschreitenden Spaltungen durch Übertragung des gesamten oder eines Teils des Vermögens einer polnischen Gesellschaft, die gespalten wird, auf eine oder mehrere in einem anderen Mitgliedstaat neu gegründete Gesellschaften. Sie sehen jedoch keine grenzüberschreitenden Spaltungen durch Übertragung des gesamten oder eines Teils des Vermögens der zu spaltenden polnischen Gesellschaft auf eine oder mehrere bereits in einem anderen Mitgliedstaat bestehende Gesellschaften vor.

Die zulässigen ausländischen Rechtsformen von Gesellschaften, die aus einer grenzüberschreitenden Spaltung hervorgehen können, sind in Anhang II der Richtlinie aufgeführt. Am Beispiel Deutschlands könnte eine polnische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien ihr Vermögen im Rahmen einer grenzüberschreitenden Spaltung auf neu gegründete deutsche Gesellschaften GmbH, AG oder KGaA übertragen, wobei die anderen im deutschen Recht definierten Gesellschaftsformen ausgeschlossen bleiben.

Eine grenzüberschreitende Spaltung hat zur Folge, dass das gesamte Vermögen der gespaltenen Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf neu gegründete ausländische Gesellschaften übertragen wird, wobei die gespaltene Gesellschaft (im Falle einer vollständigen Spaltung) ihre rechtliche Existenz verliert. Eine Teilspaltung hingegen führt dazu, dass ein Teil des Vermögens der gespaltenen Gesellschaft auf eine neu gegründete ausländische Gesellschaft oder Gesellschaften im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge übertragen wird, während die gespaltene polnische Gesellschaft ihre rechtliche Existenz behält.

Leider lässt die Gegenüberstellung der polnischen Vorschriften und der Bestimmungen der Richtlinie Zweifel daran aufkommen, ob eine polnische einfache Aktiengesellschaft Gegenstand einer grenzüberschreitenden Umwandlung oder Spaltung sein kann.

Gemäß der Richtlinie enthalten die geplanten Vorschriften für grenzüberschreitende Spaltungen und Umwandlungen eine Reihe von Bestimmungen zum Schutz von Gläubigern, Minderheitsaktionären und Arbeitnehmern der umgewandelten Gesellschaft und der gespaltenen Gesellschaft.

Einer der wichtigsten Momente bei grenzüberschreitenden Umwandlungen und Spaltungen ist der Erlass einer Bescheinigung über die Zulässigkeit der Umwandlung oder Spaltung durch das Gericht des Landes, in dem die umzuwandelnde oder zu spaltende Gesellschaft ihren Sitz hat. Bis zur Erteilung dieser Bescheinigung richten sich das Verfahren und die Formalitäten im Zusammenhang mit der Umwandlung oder Spaltung nach dem Recht des Landes der umzuwandelnden oder zu spaltenden Gesellschaft. Sobald die Bescheinigung vorliegt, richten sich die weiteren Anforderungen und Formalitäten nach dem Recht der umgewandelten oder der übernehmenden Gesellschaft.

Darüber hinaus sehen die geplanten polnischen Rechtsvorschriften im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie vor, dass grenzüberschreitende Umwandlungen und Spaltungen nicht für nichtig erklärt werden dürfen. Nach dem Datum der Umwandlung bzw. der Spaltung ist es nicht mehr möglich, den Beschluss über die grenzüberschreitende Umwandlung bzw. über die grenzüberschreitende Spaltung aufzuheben oder für nichtig zu erklären. Ferner wird es nicht möglich, die Gesellschaft im Verfahren nach Art. 21 des Gesetzbuchs über die Handelsgesellschaften aufzulösen.

SONSTIGE ÄNDERUNGEN

Die hier erörterte Novelle des Gesetzbuchs über die Handelsgesellschaften sieht auch Änderungen der aktuellen Bestimmungen über grenzüberschreitende Verschmelzungen sowie der Bestimmungen über inländische Verschmelzungen, Spaltungen und Umwandlungen vor.

Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die geplante Einführung einer neuen Art der Spaltung, nämlich der Spaltung durch Ausgliederung, die darin besteht, dass ein Teil des Vermögens der zu spaltenden Gesellschaft auf eine oder mehrere bestehende oder neu gegründete Gesellschaften übertragen wird, und zwar gegen Anteile oder Aktien der übernehmenden Gesellschaft oder Gesellschaften, die von der zu spaltenden Gesellschaft übernommen werden. Dies ist eine im polnischen Recht bisher nicht existierende Lösung, die der deutschen „Ausgliederung” gemäß Artikel 123 Absatz 3 des Umwandlungsgesetzes entspricht.

 

Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich an die Mitglieder des WKB German Desks wenden, die auf gesellschaftsrechtliche Fragen und insbesondere auf Unternehmens-umstrukturierungen spezialisiert sind – Anna Wojciechowska, Anna Fennig, Igor Socha.

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